So schließt sich der Kreis

Wie schnell die Tage ins Land ziehen… Nun begann meine letzte Etappe von Schweich nach Trier. Da ich noch nie in Trier war, freute ich mich sehr darauf, endlich einmal die Porta Nigra zu sehen. Aber noch mehr freute ich mich auf den letzten Stempel meiner Pilgerwanderung auf dem Mosel-Camino, den ich mir bei der St. Jakobusbruderschaft Trier geben lassen würde.

Und ich war sehr gespannt, was es mit diesem Brief auf sich hatte, den ich am ersten Tag von der lieben Familie Eppelsheimer erhielt. Ich sollte ihn dann öffnen, wenn ich der Meinung war, dass es passte. Diesen Zeitpunkt wollte ich wie immer meinen Bauch entscheiden lassen.

Wald im Nebel

Nebel, nichts als Nebel erwartete mich am Morgen meiner letzten Etappe. Die liebe Margit brachte mich zum Ausgangspunkt meiner letzten Tour auf dem Mosel-Camino. Recht schnell war ich wieder im Wald, umgeben von dichter Nebelsuppe. Das war so eine ganz andere Atmosphäre als die letzten Tage. Ich hatte ja wirklich alle Arten von Wetter auf meiner Wanderreise erlebt: Regen, Sonnenschein, Schneefall, Sturm und jetzt dieser geheimnisvolle Nebel. Geheimnisvoll, weil ich kaum erkennen konnte, wohin der Weg mich führte. Die Pflanzen am Wegesrand waren überzuckert mit glitzerndem, gefrorenem Morgentau. Wieder einmal war ich hin und weg von der Natur die mich umgab. Es gab auch wieder ein paar Absperrungen, die ich dieses Mal aber ignorierte. Ich wollte DIESEN WEG gehen und keine Umleitung.

Erst gegen 12 Uhr verschwand der Dunst und machte Platz für die Sonne. Das war so großartig, plötzlich war blauer Himmel über mir und ganz viel Sonnenwärme. Mein Herz war kurz davor zu explodieren. Überhaupt fühlte sich mein Herz toll an. Es war, als ob es strahlte. Ich kann es gar nicht anders ausdrücken.

Der Weg geht zu Ende

Der Mosel-Camino hat teilweise Steigcharakter. Manche Passagen verlaufen parallel zum Moselsteig. Mein lieber Schwan, waren da Steigungen dabei! Diese Kombination aus Naturerfahrung, grandiosen Ausblicken und körperlicher Herausforderung war genau das Richtige für mich. Entspannung, Genuss und Anstrengung – ich war total ausgeglichen.

Dann sah ich die wunderschöne Stadt Trier unter mir. Ich konnte die Porta Nigra und den Dom erkennen. Und die Sonne strahlte über der Stadt und goss ihren goldenen Schimmer über die Dächer. Es war wie ein Traum. Freude und Wehmut: „endlich am Ziel“ und „schade dass es schon vorbei ist“. Dieses letzte Stück auf dem Camino war eines der schönsten, aber auch eines der anstrengendsten. Wegen einer Sperrung musste ich dann doch noch einen kleinen Umweg machen, um auf die Kaiser-Wilhelm-Brücke zu gelangen.

Die Heilige Pforte

Zuerst marschierte ich zur Porta Nigra und dann weiter zum Dom. Dort angekommen bekam ich einen weiteren Stempel in meinen Pilgerpass gedrückt. Margit hatte mir die Liebfrauenkirche empfohlen, wegen der schönen Fenster, also ging ich erst einmal dort hinein. Mir stockte der Atem. Die Sonne strahlte durch die bunten Kirchenfenster und überall waren zartbunte Lichtpunkte auf dem steinernen Gemäuer. Es war unbeschreiblich schön. Glaubt mir, in diesem Moment war mein Herz so voll mit Liebe und Zufriedenheit, dass ich aufpassen musste, nicht jedem um den Hals zu fallen.

Was ich nicht wusste, es gab hier eine Heilige Pforte, durch die man in den Hohen Dom zu Trier schreitet. Im Heiligen Jahr der Barmherzigkeit ist die Heilige Pforte ein Zeichen der Barmherzigkeit Gottes. Der Durchgang durch sie ist eine Geste des Vertrauens auf Gott. Nun, ehrlich gesagt bin ich in meinem Gottvertrauen noch nicht so weit. Aber ich bin ja auch noch auf der Suche.

Als ich durch die Pforte ging, wusste ich, dass jetzt der richtige Zeitpunkt war, um den Brief zu öffnen. Es befanden sich zwei Liedtexte darin. Einer der beiden brachte mich zum Weinen. Besonders die zweite Strophe ging mir ans Herz. Warum? Lest selbst…

„Vergiss es nie, dass du lebst“ (2. Strophe):

Vergiss es nie:
Niemand denkt und fühlt und handelt so wie du,
und niemand lächelt so, wie du’s grad tust.

Vergiss es nie:
Niemand sieht den Himmel ganz genau wie du,
und niemand hat je – was du weißt, gewusst.
Du bist gewollt, kein Kind des Zufalls,
keine Laune der Natur, ganz egal,
ob du dein Lebenslied in Moll singst oder Dur.

Du bist ein Gedanke Gottes – ein genialer noch dazu!
Du bist du, das ist der Clou (…).

Um 17.45 Uhr bin ich in der Basilika Abtei St. Matthias, dem Ziel aller Pilger angekommen. Es war ein ganz besonderer Moment, vor dem Reliquienschrein des hl. Matthias zu stehen und zu wissen, dass ich es tatsächlich geschafft habe.

Streckenverlauf der 8. Etappe mit Höhenprofil, GPS-Track und weiteren Infos:

Wegpunkte: Schweich – Trier-Quint – Heidekapelle – Trier-Ehrang – Maria-Hilfs-Kapellchen – Pfarrkirche St. Jakobus Trier-Biewer – Jakobusbrunnen – Kaiser-Wilhelm-Brücke – Abteihof St. Matthias – Grabstätte von St. Matthias